Es ist zehn vor sieben am Sonntagmorgen. Fabian ist von meinem Schnarchen aufgewacht, lässt mich aber noch zehn Minuten schlafen bis unser Wecker klingelt. Wir wollen heute Leewelle fliegen gehen im Erzgebirge bei Südostwind. Als ob das noch nicht bescheuert genug wäre, wo das Erzgebirge doch eigentlich nur bei Nordwestwind durch den starken Leeabfall auf der tschechischen Seite zuverlässige Wellen liefert, haben wir auf dem Flugplatz Pirna keinen Schlepppiloten organisieren können. Wir sind verzweifelt genug, um trotzdem hinzufahren. So war zumindest der Gedanke, den wir gestern Abend gefasst haben. Als der Wecker um sieben klingelt, kann ich dem Plan nur wenig Begeisterung entgegenbringen. Wir stehen trotzdem auf.

Anderthalb Stunden später sind wir mit unseren Anhängern unterwegs nach Pirna. Pünktlich zehn Minuten nach dem Briefing treffen wir ein und quatschen mit Benny vom Kader. Tatsächlich ist schnell ein Schlepppilot für das UL gefunden, sodass wir in die Luft kommen. Nun also schnell aufrüsten und die Flieger zum Start zerren. Mein Klebeband reicht nicht mehr, um beide Flächenrumpfübergänge abzukleben und es sollte auch nicht das Einzige sein, was an diesem Tag zuneige geht.

Nachdem der Schlepppilot uns nochmal ordentlich Angst mit geringen Schlepphöhen und starken Turbulenzen gemacht hat, geht es los. Ich bin der Erste, na toll! Der Schlepp ist tatsächlich der beste UL-Schlepp den ich je hatte. Vor dem Ende des Platzes sind wir schon über 50m hoch und dann geht es nur noch nach oben. Über weite Teile des Schlepps ist das Variometer am Anschlag und das lag sicher nicht nur an der Schleppmaschine. Plötzlich wird es turbulent und ich habe Schwierigkeiten die Position hinter dem Schleppflugzeug zu halten.
Anschließend wird die Luft komplett ruhig und das Vario steht auf 5m/s fest. Ich klinke in 1200m MSL und erfliege mir langsam das Steiggebiet. Unter mir wird Fabian durchgeschleppt und klinkt eine Welle weiter vorne. In 2300m lässt das Steigen nach und ich fliege gegen den Wind zu Fabian vor. Die Wellen liegen heute offenbar nur fünf Kilometer auseinander. Gemeinsam steigen wir bis auf 2900m. Wir entschließen uns gegen den Wind noch nach einer weiteren Welle zu suchen, finden aber nur eine negative Null. Also wieder zurück und in der letzten Welle hoch.

Die Elbe von oben

Nun fliegen wir kammparallel am Erzgebirge Richtung Südwesten, um dort weitere Wellen aufzuspüren. Dabei finden wir tragende Linien mit teilweise gutem Steigen, das wir wegdrücken müssen, um nicht in den Luftraum C in FL100 zu geraten. Zu diesem Zeitpunkt bemerke ich, dass meine Akkuanzeige beim Funken einen geringen Ladestand anzeigt. Ich hatte meine Akkus vor dem Flug nicht geladen, weil ich der Meinung war, das zwei halbvolle Akkus reichen würden. Also schalte ich auf den zweiten Akku und damit meine Bordelektronik aus, denn der zweite Akku ist offensichtlich leer. Ich schalte wieder auf den ersten Akku zurück, sodass ich wieder Strom habe. Allerdings kann ich nun nur noch wenig funken, da dies den Stromverbrauch enorm erhöhen würde. Fabian muss also mal wieder Monologe halten, denen ich lauschen darf. Glücklicherweise haben wir das in der Vergangenheit schon öfter so praktiziert, sodass wir uns beide schnell in unsere Rollen finden.

Cirrus im Teamflug mit der JF

Hinter Altenberg verlieren wir die Linie und beginnen im Zickzack den Kamm abzusuchen. Gutes Steigen finden wir erst wieder am Leehang der Talsperre Rauschenbach. Dort steigen wir wieder bis auf 2500m und setzen unseren Flug kammparallel fort, finden allerdings kein Steigen mehr. Wir sind uns sicher, dass der Fichtelberg eine gute Welle werfen müsste, allerdings ist das Gelände bis dorthin frei von starken Leeabfällen und im Dunst sind die Geländestrukturen schwer zu erkennen. Wir kehren um und steigen in Rauschenbach wieder auf. Wir wollen jetzt Richtung sächsische Schweiz fliegen und erforschen wie weit das Steigen dort reicht. Außerdem wollen wir ein paar Kilometer im OLC erzielen, denn wir fliegen ja schließlich nicht für uns sondern für die Wertung. Dabei finden wir noch eine gute Welle in Altenberg. Ab dort fliegen wir auf einer tragenden Linie bis zum Elbtal. Diese Linie führt auch durch den Bereich wo wir anfangs erfolglos die erste Welle gesucht haben und liefert dort gutes Steigen.

Bilck aus dem Cockpit

Ab der Elbe lässt das Steigen in Ermangelung von Relief nach und wir wenden. Wir fliegen nochmal Richtung Rauschenbach und versuchen dabei komplett in der ersten Welle zu bleiben, was auch gut gelingt. Vor Altenberg wird es in 2600m sehr turbulent. Ich halte das für einen Rotor einer höheren Wellenstufe. Also versuche ich diesen auszukreisen, was durch das enge Steiggebiet nicht gelingt. Dennoch fliege ich dann gegen den Wind vor, um den Einstieg in eine höhere Welle zu finden, aber vergeblich. Fabian, der bei der Aktion 200m Meter auf mich verloren hat, ist im Funk gerade am Ausrasten. Ich würde ihm gerne erklären, was ich da gerade vorhatte, aber mein Akkuladestand lässt das nicht zu.

Wellefliegen

Wir bleiben im Gebiet zwischen Altenberg und Rauschenbach, bevor uns der nahende Sonnuntergang zur Rückkehr nach Pirna zwingt. Fabian ist bereits gelandet und ich bekomme auch langsam etwas Panik, weil die Landschaft unter mir bereits keine Sonne mehr sieht. Ich drücke den Knüppel nach vorn und sause mit 200km/h Groundspeed nach Hause. In Pirna ist bereits kein Flugbetrieb mehr und ich schraube mich mit vollen Klappen direkt über dem Platz nach unten. Im Endanflug inspiriere ich eine Gänseschar dazu sich ebenfalls fliegerisch zu betätigen. Diese werden jedoch von Fabian, der gerade neben der Landebahn zu seinem Auto läuft, in ihrem Elan direkt wieder gebremst, sodass mein Anflug frei bleibt.

Um acht sitzen wir in einer Dönerbude in Dresden und lassen einen sehr schönen und mit überraschend wenig Aufwand verbundenen Flugtag ausklingen.

https://www.onlinecontest.org/olc-3.0/gliding/flightinfo.html?dsId=6934090

https://www.schwerewelle.de/berichte/2018/14-10-21018-s-erzgebirge

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