Der Herbst hält Einzug, die Thermik blubbert nur noch ab und zu ein bisschen vor sich hin und für den Segelflieger steht die Welt Kopf. Für manche, weil auf einmal alternative Wochenendbeschäftigungen benötigt werden, für die Teilnehmer des diesjährigen Kunstfluglehrgangs der Idaflieg bei der Akaflieg Aachen am Flugplatz Aachen-Merzbrück im wahrsten Sinne des Wortes. Der König hatte sich die letzte Septemberwoche bereits im Februar dick rot im Kalender markiert, um auf alle Fälle künftig nicht mehr nur unter die Geradeausflieger zählen zu müssen.

Nach einer gefühlt ewigen Zugfahrt quer durch die Bundesrepublik, wurde gleich der erste Tag der Kunstflugwoche exzessiv für den Theorieunterricht genutzt. Dies war leider nötig, da in Aachen an diesem Tag das Wetter noch nicht so recht mitspielen wollte. Außerdem ist ein fundiertes theoretisches Wissen über die technischen Hintergründe, die Ausführung der Flugfiguren sowie Exitstrategien bei verpatzten Turnereien von erheblicher Bedeutung, um sich selbst und das Flugzeug nicht durch unangebrachte Reaktionen auf bestimmte Flugzustände über die Grenzen hinaus zu belasten. Besonders letzteres Thema ist von großer Bedeutung und öffnet die Augen für die Gefahren, denen sich Piloten ohne Kunstflugberechtigung leichtfertig aussetzen, wenn sie beispielsweise der Meinung sind, dass bei einem Turn nichts passieren könnte, ganz zu schweigen von den Piloten, die unwissend danach auf durch die Turnerei überlasteten Flugzeugen fliegen.

Aber genug gemahnt! Wie ist das Kunstfliegen nun eigentlich? Unglaublich geil!
Während des F-Schlepps auf 1200m steigt die Anspannung und Vorfreude beim ersten Schulflug schneller als die ASK21 hinter der Remo. Und dann geht’s los. Der Lehrer dreht das Flugzeug auf den Rücken…und plötzlich fühlt man sich wie beim allerersten Segelflugstart der Grundausbildung. Das Flugzeug schiebt, dauernd hängt eine Fläche, man kann die Fahrt nicht halten und irgendwie klappt einfach gar nichts. So schludert man sich den kompletten ersten Kunstflug in den Gurten hängend durch die Luft. Aber zum Glück ist die Lernkurve sehr steil und bald fühlt man sich rücklinks wohler als in Bauchlage, fliegt saubere Rückenkreise mit gekreuzten Rudern und kommt aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Sitzt der Rückenflug geht’s weiter mit Rollen, Looping, Turn und den Kombinationen zu Auf- und Abschwung. Das Wetter blieb die gesamte Woche stabil und es gab keinen Tag mehr, an dem kein Flugbetrieb möglich war. So konnten am Ende der Woche alle erfolgreich ihren Prüfungsflug absolvieren und den Wisch, der die Eintragung der Berechtigung in die Lizenz ermöglicht, ausfassen. Ja, hier steht wenig über das Kunstfliegen an sich, aber Worte können dieses unglaubliche Gefühl nicht beschreiben, dass bei der aerotischen Turnerei aufkommt. 

War’s das? War noch was? Na klar! Zwar ist der Kunstflug eine wunderschöne Sache, aber leider für die zielgerichtete Fortbewegung noch schlechter geeignet als Streckensegelflug (außer man will zielgerichtet nach unten). Daher zog der König aus der Kaiserstadt weiter nach Süden auf den Flugplatz Bartholomä der Akaflieg Stuttgart, um dort am Motorseglerlehrgang teilzunehmen. Zwei Vorteile des Motorflugs gegenüber dem Segelkunstflug sind nämlich, dass er zum einen auch horizontal entfernte Ziele erreichbar macht und zum anderen günstiger pro Flugminute ist.

Das Wetter spielte die gesamte zweite Oktoberwoche wunderbar mit, sodass jeden Tag fast von Sonnenaufgang bis –untergang geflogen werden konnte. An den Tagen in denen die Alb im Nebel versank, konnte einfach auf den Flugplatz Heubach ausgewichen werden, der unterhalb der Albkante gelegen, sich nicht den Blicken der Landescheinwerfer verbarg. Der erste Motorflug ist, anders als der erste Segelkunstflug, kein Start bei Null. Das Flugzeug fliegt wie ein Flugzeug und die Thermik tankt man für 2,40€ pro Liter an der AVGAS-Tankstelle (oder man tankt die Super Ultimate Power Mega Kraftstoffe der großen Mineralölkonzerne, da die seit einiger Zeit zugesetzten 5% Ethanol im normalen Sprit zur Gasblasenbildung in der Höhe und somit zum Motorausfall führen können). Aber egal…wir waren Motorflugpiloten, also unsoziale Eigenbrötler ohne jeglichen Bezug zu Geld. Also was kostet die Welt? Ich nehme zwei!
Um nicht ganz in dieser Egomanie zu versinken, nutzten wir zur Resozialisierung die Sauna, welche glücklicherweise im Vereinsheim der Akaflieg Stuttgart verbaut ist und nutzten die gemeinsamen abendlichen Stunden für den obligatorischen Theorieunterricht und das Lernen für die Prüfung.

Aufgrund der vielen Lehrgangsteilnehmer, war es am Ende leider nicht möglich allen eine Prüfung zu ermöglichen, aber zumindest wurde bei Allen die gesamte Ausbildung inklusive des Solo-Überlandflugs abgeschlossen. Freddy, Chili, Kerstin und der König flogen zu dem am letzten Lehrgangstag ihre praktische Prüfung, nachdem alle bereits den Theorieteil bestanden hatten und durften nach ihren rund einstündigen Prüfungsflügen mit einem breiten Grinsen und der TMG-Berechtigung in der Tasche wieder nach Hause fahren.

So, was lernen wir also daraus? Fliegen kennt keine Winter- oder Thermikpause. Niemand muss bei Platzrundenwetter Platzrunden schrubben, wenn er auch einfach Höhe vergeigeln oder einen Kaffee an einem entfernten Flugplatz trinken könnte. Das einzige Problem ist wie immer, dass man reich heiraten muss, um weder Zeit- noch Geldsorgen dabei zu bekommen. In diesem Sinne: Augen auf bei der Partnerwahl! Und natürlich: Fliegen, fliegen, fliegen!

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