Überziehversuche im Windkanal

Im Oktober 2014 konnten die Windkanalmessungen zur Evaluation der Ergebnisse vom Sommertreffen unter Laborbedingungen stattfinden, bei denen der Anstellwinkel über den erfliegbaren Bereich hinaus ausgedehnt werden kann.
Zu diesem Zwecke wurde ein vorhandenes Flügelsegment zur Zuordnung des Flugzustandes mit einem Druckmessschnitt versehen und anschließend in einer Halbmodellanordnung auf der Drehscheibe im Messstreckenboden montiert. Der Druckhandschuh aus dem Flugversuch fand seinen Platz direkt auf der Bodenplatte. Ein integrierender Pitotrechen im Nachlauf diente zur Abschätzung des Widerstandsbeiwertes.
Es ergaben sich zunächst sehr gut reproduzierbare Auftriebskurven mit deutlichem Einbruch nach dem Maximalauftrieb. Nach oben endet die Laminardelle mit recht kontinuierlichem Widerstandszuwachs, ohne die aus der Rechnung gewohnte Stufe. Das untere Laminardellenende ist etwa beim Nulldurchgang des Auftriebs auszumachen.
Die Druckbohrungen auf dem Handschuh liefern eine Kurvenschar von Druckbeiwerten über dem Anstellwinkel. Kurven, die sich am gewünschten Punkt mit möglichst großem Gradienten schneiden, markieren günstige Kombinationen von Bohrungspositionen für die Überziehwarnung. Der rechnerisch vorhandene zweite Nulldurchgang tritt bei negativen Auftriebsbeiwerten auf, also im Rückenflug. Mithin konnte er im Freiflug gar nicht gefunden werden.

Messhandschuh auf der Bodenplatte
Messhandschuh auf der Bodenplatte
Aufbau im NWK
Aufbau im NWK

 

 

 

 

 

Sondermessprojekt zur Auswertung der Druckverteilung an der Flügelwurzel für eine Überziehwarneinrichtung

Als Konsequenz aus den zum Wintertreffen dargelegten Überlegungen zur Auswertung des Vorzeichens des Druckgradienten an der Flügelnase für eine Überziehwarnung wurde im Rahmen des 2014-er Sondermessprojektes die Druckverteilung, die der Flügel dem Rumpf aufprägt, in Abhängigkeit vom Anstellwinkel bestimmt und auf ihre Brauchbarkeit für Warneinrichtungen hin untersucht.
Da der Nulldurchgang von Differenzdrücken unabhängig vom Staudruck ist, würde die Warnung für alle Flächenbelastungen und Lastvielfache beim gleichen Anstellwinkel auslösen.
Außerdem sind die Positionen von vorderem Staupunkt und Saugspitze bei einsetzendem Überziehen weitgehend unbeeinflusst von einem etwaigen Wölbklappenausschlag, sodass eine darauf basierende Überziehwarnung a priori für alle Klappenstellungen gleichermaßen funktionieren würde.
Die Messausrüstung bestand aus einem um die rechte Flügelwurzel gelegten bumerangförmigen Druckhandschuh sowie der mittlerweile bewährten Gesamtfluglagesonde an der linken Flügelspitze. Die Daten wurden in diesem Jahr auf althergebrachte Weise mit einem Laptop aufgezeichnet.
Im Ergebnis von insgesamt vier Versuchsflügen konnten geeignete Kombinationen von Messbohrungen gefunden werden, zwischen denen der Druckunterschied beim gewünschten Anstellwinkel durch Null geht. Ein in der Rechnung auftretender zweiter Nulldurchgang im Schnellflug zeigte sich jedoch nicht.
Es wäre nun vorstellbar, mit zwei einfacheren Handschuhen mit nur je zwei Druckbohrungen die Tauglichkeit einer entsprechenden Warneinrichtung im täglichen Flugbetrieb zu überprüfen. Als nächster Schritt steht aber eine kleine Windkanalkampagne zur Evaluation der Messdaten an, bei der der Anstellwinkel über den fliegbaren Bereich hinaus ausgedehnt werden kann.
Weiterhin wurde noch der Frage nach der Empfindlichkeit des Haubenfadens zur Schiebewinkelbestimmung nachgegangen. Der Ausschlag des auf eine Winkelmesserfolie geklebten Fadens ließ sich leicht mit der ohnehin installierten Fluglagemessung vergleichen. Es konnte bestätigt werden, dass die Querströmung über den Rumpf den Faden etwa um den doppelten tatsächlichen Schiebewinkel ausweht. Die Empfindlichkeit des viel diskutierten Seitenfadens gegen den Anstellwinkel ist, besonders an der vorderen Haube eines Doppelsitzers, etwas geringer.

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